8.6.2002 - Jeonju

Vor den heutigen, nicht so heissen Spielen, wagten wir einen Ausflug in den älteren Kern der Stadt. Wir haben inzwischen das Taxifahren für uns entdeckt, dass weit weniger als die Hälfte unserer Taximeter-Tarife kostet. Auf einem traditionellen Markt konnten wir Zeuge der koreanischen Handwerkskunst und der sehr rituell wirkenden Volksmusik werden. Diese Eindrücke erleichterten unser latent "schlechtes" Gewissen in einem sehr fremden Land nur Fussballstadien, Lokale und den Flimmerkasten unseres Hotel kennen zu lernen. Aber was soll es eigentlich, wir sind doch wegen des Zirkusses rund um die schönste (Neben)sache der Welt nach Süd-Korea gefahren.

Bis auf Italien-Kroatien plätscherte der Spieltag dann auch erwartungsgemäss vor sich hin, so dass wir zwischendurch immer mal wieder Zeit fanden im Internet-Cafe die aktuellsten Nachrichten aus der Heimat zu erfahren. Dabei freute uns, als bekennende 96-Fans, der nach langen Hickhack perfekte Transfer des Tschechen Jiri Stajner natürlich besonders. Schön zu hören, dass auch das WM-Cafe im Bei Chez Heinz ein voller Erfolg ist, damit hatten wir nicht gerechnet. Die Friends Of Southkorea freuen sich schon darauf, nach ihrem Wiederkommen aktiv an diesem Event mitwirken zu können. Nach 10 Tagen in Asien ist es an der Zeit ein erstes Fazit zu ziehen: Wie Ihr sicherlich aus unseren bisherigen Berichten heraus hören konntet, sind wir überwältig von der Freundlichkeit der Koreaner, die trotz fehlender Englischkenntnise immer sehr bemüht sind uns in allen Lagen zu helfen. Kein Vergleich zu den Erlebnissen in herkömmlichen Urlaubsländern, wo gerne mal ein Gefühl des Genepptwerdens aufkommt. Ständig verbeugen sich die Menschen und scheinen sich tatsächlich zu freuen, dass man ihr Land besucht. Die Infrastruktur ist nahezu perfekt, die Fussballarenen in Ausmass und Komfort ideal und die Versuche der Einheimischen in den Stadien für Stimmung zu sorgen sehr anrührend.

Die Städte sind tatsächlich reichlich überfüllt mit Menschen und Autos, die im ständigen Kampf um Bewegungsfreiheit zu stehen scheinen. Dies und die doch recht dürftige Bepflanzung der Metropolen führt zu einem allgegenwärtigen Smog, der ein wenig an den Nerven zerrt. Alle Strassen sind mit WM-Bannern oder Flaggen der teilnehmenden Länder versehen. Eher selten trifft man ausserhalb der Stadien andere ausländische Fussballfans, wobei sich sich die Zahl in den letzten zwei Tagen erhöht hat.

Die einheimische Küche ist nach wie vor der Clou, obwohl die Bandbreite nicht so gross ist, wie nach den ersten Erfahrungen angenommen. Mindestens vier Mahlzeiten nehmen wir täglich zu uns, das Highlight war dabei der kleine Essensstand einer alten Frau in Busan. Auf kniehohen Plastikstühlen genossen wir delikaten gebratenen Fisch, der zweimal mit viel Knoblauch und schön scharfer Sauce über eine Feuerstelle gehalten wurde. Am ebenfalls kniehohen Tisch haben wir die Speise dann in ein Kohlblatt eingrollt und erneut in eine scharfe Soja-Sauce getunkt. Ansonsten gibt es jeden Tag den scharf eingelegten Kohl Kim Chi, viel Huhn, Meeresfrüchte, Schweinefleisch und interressant getrocknete Knabbereien. Verliebt haben wir uns in Schaschlik-artige Hühnerfleisch-Spiesse, die einem vielerorts mit pikant-süsslicher Sauce entgegenlächeln.

Natürlich wollen wir für Euch weiterhin vor Ort auch am Ball und in Augenhöhe der Geschehnisse bleiben. Deshalb hier eine kleine Einschätzung des bisherigen WM-Verlaufs: Die Franzosen als Titelverteidiger enttäuschenbisher masslos, auch wenn der Ausfall von Zidane und jetzt Henry sicherlich auch für den Weltmeister nicht zu verkraften ist. Deshalb gilt unsere ganze Freude dem entscheidenen Match gegen die Dänen (wir sind live dabei!),die wiederum mit ihrem Goalgetter Tomason positive Akzente bei diesen Spielen setzen. Mit dem Abschneideiden der Völler-Truppe kann man ob der Unken-Rufe im Vorfeld recht zufrieden sein, obwohl bei einer Niederlage gegen Kamerun (Peter glaubt das) alles vorbei für "uns" sein kann. Spanien & Brasilien sind bereits verdient im Achtelfinale, aber auch England, Schweden und Süd-Korea haben gezeigt, dass sie das Zeug zum Erreichen der zweiten Runde haben. Argentinien und Italien scheinen Nerven zu zeigen, sollten aber in ihren abschliessendes Spielen genug Nervenstärke beweisen, um weiter im Konzert der Grossen mitspielen zu können.

Bis auf zwei, drei Partien hat die WM für uns bisher alle Erwartungen erfüllt. Wir sind gespannt, wie es in den nächsten Partien weitergeht. Liebe Grüsse aus Jeonju

Eure F.S.K.